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1986

U-Bahnbrand in einem Verbindungstunnel

7. Mai 1986 / 11:49 Uhr
Brand eines Leerzuges der U-Bahn
Adresse: U-Bahnhof Klosterstraße
Bezirk: Mitte

Der Leitstelle der Feuerwehr in Berlin (Ost) wurde der Brand eines Leerzuges der U-Bahn im Verbindungstunnel zwischen den Linien A und E gemeldet.

Major der Feuerwehr Gerhard Weß berichtete: „… Die Einsatzleitung stützte sich auf Erfahrungen, die beim Brand eines U-Bahnzuges im Jahre 1972 in der Nähe des U-Bahnhofes Alexanderplatz gewonnen wurden. Damals ist es durch den Einsturz der Tunneldecke nicht zu einer derart geballten Temperatur gekommen, wie sie diesmal im Verbindungstunnel auftrat. Damals lag die Brandstelle in der ersten Ebene unter der Fluroberkante, diesmal lag der Brandherd eine Ebene tiefer. Selbst bei völligem Einsturz der Tunneldecke wäre nur eine geringe Entlastung von Hitze und Rauch eingetreten. Der Brand ereignete sich an einem für die Brandbekämpfung sehr ungünstigen Ort im Tunnelsystem. Der Zeitpunkt des Brandausbruchs lag in der verkehrsarmen Mittagszeit, in der die Züge in größeren Abständen fahren und die Zahl der Fahrgäste, gemessen an der Berufsverkehrsspitze, relativ gering ist. Diesem Umstand ist es mit zu verdanken, daß es unter dem Betriebspersonal und den Fahrgästen keine Verletzten oder Toten gab. Bei der Brandbekämpfung erlitten lediglich fünf Feuerwehrmänner leichte Verletzungen (Prellungen, Rißwunden, wobei keine der Verletzungen infolge der großen Hitze oder durch schädigende Verbrennungsprodukte entstand). Daß das Ausmaß des Schadens bei diesem Brand insgesamt auf den U-Bahnzug und diesen Tunnelabschnitt begrenzt werden konnte, ist der hohen Einsatzbereitschaft insbesondere der Feuerwehrmänner zu danken, die unmittelbar im Tunnel zur Brandbekämpfung eingesetzt waren ..."

Gemäß der Ausrückeordnung und den Festlegungen weiterer Einsatzdokumente rückten zum U-Bahnhof Klosterstraße aus:

3 Lösch- und 2 Tanklöschfahrzeuge, 1 Rettungsgeräte- und 1 Rettungswagen sowie
ein Leichtschaumlöschfahrzeug LF8-LS 1/1

Sie erreichten die Einsatzstelle zwischen 11:54 und 11:58 Uhr, wo zu diesem Zeitpunkt ebenfalls anwesend waren:

- der Diensthabende Abteilungsleiter
- der Offizier vom Ausrückedienst der HA/F des Präsidiums der Volkspolizei Berlin
- der Bereitschaftsdienst der Abteilung Feuerwehr des Stadtbezirks Berlin-Mitte

Kurz darauf traf der Leiter der Abteilung Feuerwehr des PdVP ein, übernahm die Einsatzleitung und befahl, die Befehlsstelle Feuerwehr (am U-Bahnhof Klosterstraße) zu bilden sowie die Einsatzstelle in zwei Abschnitte einzuteilen.

Als Abschnittsleiter wurden zwei Majore der F eingesetzt. Abschnitt I umfasste die Linienführung der U-Bahnlinie A vom U-Bahneingang Klosterstraße bis in Höhe des Verbindungstunnels und den Verbindungstunnel bis zur Unterführung der U-Bahnlinie A. Abschnitt II begann am Einstieg E 13 im Bereich der U-Bahnlinie E am U-Bahnhof Alexanderplatz und schloss den nördlichen teil des Verbindungstunnels bis zur Unterführung der U-Bahnlinie A ein.

Die zuerst an der Einsatzstelle eingetroffenen Kräfte erhielten den Befehl, die Fahrgäste und das Zugpersonal eines aus Richtung Spittelmarkt gerade einfahrenden U-Bahnzuges zu evakuieren (Abschnitt I). Gleichzeitig wurden durch den Einsatzleiter für den Abschnitt I der Atemschutzcontainer und für den Abschnitt II weitere vier Lösch- und vier Tanklöschfahrzeuge angefordert. Der U-Bahnverkehr ruhte.

Von Einsatzbeginn an sicherten der Magistrat von Berlin und die Berliner Verkehrsbetriebe die Versorgung (Verpflegung und Getränke) in beiden Abschnitten. Das Rettungsamt Berlin beorderte auf Stichwort der Leitstelle Feuerwehr zwei Fahrzeuge der Schnellen Medizinischen Hilfe (haben Ärzte an Bord), die dort zur eventuell erforderlichen medizinischen Betreuung der Angehörigen der Feuerwehr am Einsatzort verblieben.

Gegen 12 Uhr nach Abschluss der Evakuierung und der Meldung, dass sich keine weiteren Personen im Verbindungstunnel bzw. brennenden Zug befinden, erhielten die Trupps nach der zwischenzeitlich beidseitig des Verbindungstunnels erfolgten Lageerkundung den Auftrag, sich gestaffelt vorzuarbeiten, die Lage weiter zu erkunden und beim Erreichen des Brandortes die Brandbekämpfung aufzunehmen. Aufgrund der enormen Hitzekonzentration und extrem starken Verqualmung wurden die Abschnittsleiter angewiesen, Trupps (1 Offizier, 4 Feuerwehrmänner) zu bilden. Jegliche Hilfsmittel, die die Arbeit der Trupps hätten erleichtern können, waren wegen der Enge im Tunnel nicht einsetzbar. Jeder Trupp (1:4) verlegte bei jedem Einstieg einen B-Schlauch mit Verteiler - der nächste Trupp baute die Löschwasserversorgung weiter auf, so dass anhand der Schlauchleitung (mögliche Wasserentnahme alle 20 m) ein Orientierungsmittel für die nächsten Trupps entstand. Bis 13:00 Uhr waren sieben Kommandos Feuerwehr und zwei Ausbildungskommandos in beiden Abschnitten tätig.

Zur Gewährleistung des Atemschutzes wurden der mobile Stützpunkt in der Klosterstraße und der Stützpunkt im nahegelegenen Kommando Feuerwehr Berlin-Mitte genutzt. Fotos vom 5. Juni 2010

Gegen 14:00 Uhr erreichten die Trupps den vom Brand betroffenen Zug, der auf der gesamten Länge brennend im Bogen des Verbindungstunnels stand. Die Wagenkästen waren fast völlig heruntergebrannt, von der Tunneldecke hatten sich Betonbrocken gelöst, die zu einer zusätzlichen Einengung zwischen Zug und Tunnelwand führten. Um 14:15 Uhr gelang es den Brand zu löschen, wobei als Löschmittel ausschließlich Netzwasser zum Einsatz kam [Sprühdüsen SD 600 (auf C Schlauchleitungen) und SD 200 von beiden Tunnelseiten auf den Brandherd]. Da sich aufgrund der hohen Temperaturen im Tunnel Reste der Wagenausstattung und hölzernen Wagenböden wiederholt entzündeten, waren Trupps beiderseits des Verbindungstunnels für die Restablöschung (mit CM-P-Strahlrohren) tätig.

Alle Kommandos Feuerwehr, die zum U-Bahnbrand ausgerückt waren, wurden von örtlichen Freiwilligen Feuerwehren besetzt - das Kommando Köpenick war wegen Waldbrandwarnstufe III im Ausrückebereich verblieben. Diese Einheiten sowie eine Reserve (Tagesdienstkräfte, die die Lösch- und Tanklöschfahrzeuge besetzten) gewährleisteten das System der Brandbekämpfung der Hauptstadt - von der Leitstelle Feuerwehr aus durch einen operativen Offizier geführt. Ab 16:30 Uhr standen alle örtlichen Freiwilligen Feuerwehren zur Verfügung und ab 17:00 Uhr konnten die seit Beginn der Brandbekämpfung tätig gewesenen schrittweise durch frische Kräfte herausgelöst werden. Bis gegen Mitternacht dauerten die Restablöschung und Aufräumarbeiten unter schwerem Atemschutz, weshalb ein zweiter mobiler Atemschutz-Stützpunkt durch Kräfte und Mittel des Schlauch- und Gerätestützpunktes Berlin-Buchholz im Abschnitt Rathausstraße zum Einsatz kam. Insgesamt wurden ca. 600 m3 Atemluft verbraucht.

Abbildung: Foto: - Berliner Feuerwehr

Für die Branduntersuchung und die Tunnelrevision wurden Technische Kräfte der Berliner Volkspolizei-Bereitschaften mit Beleuchtungsaggregaten für die Ausleuchtung eingesetzt. Gegen 22:00 Uhr konnte der Tunnel ohne Atemschutz und ohne besondere Schutzbekleidung begangen werden. Bis auf die Brandwache wurden die operativen Kräfte der Feuerwehr von der Einsatzstelle abgezogen. Obwohl in den 12 Stunden des Einsatzes ein großer Teil der Kräfte gebunden war, brauchte infolge der hohen Einsatzbereitschaft der örtlichen freiwilligen und betrieblichen Feuerwehren kein Einsatzalarm für die in der Freizeit befindlichen Angehörigen der Kommandos Feuerwehr gegeben werden.

Eine Brandstiftung konnte anhand der Ermittlungen ausgeschlossen werden. Ursache des Brandes war eine Kriechstromstrecke am hinteren Kupplungsschalter der durchgehenden Starkstromleitung im 7. Wagen, die einen Lichtbogen verursachte, der das umgebende brennbare Material in Brand setzte.


Auszugsweise Wiedergabe eines Textes von Angela Damaschke.