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Ereignisse

Besondere Ereignisse

Besondere Ereignisse in der Geschichte der Berliner Feuerwehr gab es sicherlich viele. Erwähnenswerte und weniger erwähnenswerte. Nach und nach wollen wir das eine oder andere wieder in Erinnerung rufen.

Der Reichstagsbrand am 27.02.1933

Abschrift eines Artikels aus der Preußischen Feuerwehr-Zeitung von 1933
(Archiv Feuerwehrmuseum Berlin)
Der Inhalt ist ungekürzt, der Wortlaut und die Rechtschreibung wurden wie im Original belassen.


Feuer im Reichstag.

Wohl selten hat eine Feuersbrunst das ganze deutsche Volk so sehr erregt, wie das grauenhafte Verbrechen jenes kommunistischen Holländers in der Nacht des 27. Februar 1933 im Berliner Reichstagsgebäude. Da die bei diesem Brande sehr streng durchgeführten Absperrmaßnahmen der Polizei das Betreten der Brandstelle für alle am Brande Unbeteiligten verboten, sind die über das Feuer in der Tagespresse erschienenen Nachrichten recht ungenau und geben namentlich dem Feuerwehrmann ein wenig klares Bild vom Verlauf des Brandes. Es soll daher nachstehend eine kurze Schilderung des Brandverlaufs gegeben werden.

Wie die beigefügte Skizze zeigt, bildet das Reichstagsgebäude ein langgestrecktes Rechteck, das an den vier Ecken von Türmen flankiert wird und in der Mitte eine große Glaskuppel trägt. Das Bauwerk umschließt auf beiden Seiten des mittleren kuppelgekrönten Traktes, 2 große Höfe, die von der Ost- bzw. Nordseite aus Zufahrten haben. Die Längsachse des Gebäudes verläuft genau von Norden nach Süden. Es liegt mit der Süd-, Ost- bzw. Nord-Seite an durchgehenden Straßen, während die Westseite mit der allgemein bekannten großen Freitreppe an den ehemaligen Königsplatz, jetzt Platz der Republik genannt, grenzt. Nahe der Nordostecke fließt die Spree vorbei. Das Haus hat in der Mitte jeder Seite einen Eingang; drei von ihnen führen ins Erdgeschoß, während der vierte westlich gelegene über die große Freitreppe unmittelbar ins Hauptgeschoß mündet. Das Gebäude weist 6 Geschosse auf, Keller, Erdgeschoß, Hauptgeschoß, Zwischengeschoß, sowie 1. und 2. Obergeschoß. Das Keller- und Erdgeschoß beherbergen die Heizungs- und Lüftungsanlagen, Wirtschaftsräume, sowie Garderoben. Im Hauptgeschoß liegt in der Mitte unter dem großen Kuppelbau der Plenarsitzungssaal, der von einem rings umlaufenden Umgang durch 8 Türen zugänglich ist. Ihm ist nach Westen zu die achteckige Eingangshalle mit der großen, fast die ganze Länge des Gebäudes durchlaufende Wandelhalle vorgelagert. An die grenzen die auf dem Platz der Republik blickenden Restaurationsräume und auf der anderen Seite der Freitreppe der große Lesesaal. Nach der Ostseite hin liegen die Räume des Reichsrats und der Reichsbehörden, sowie des Reichstagsvorstandes und verschiedene Amtsräume. In den oberen Geschossen finden wir die Räume für die Presse, Verwaltungsräume, Fraktionssitzungszimmer und eine große Anzahl Einzelarbeitsräume für die Abgeordneten.

Für unsere Betrachtungen ist besonders der große Plenarsitzungssaal im Hauptgeschoß von Interesse, da er ja dem Feuer zum Opfer gefallen ist. Er liegt in der Mitte des ganzen Bauwerks unmittelbar unter dem Kuppelbau; bei einer Längenausdehnung von 29 m hat er eine Tiefe von 22 m. Zwei übereinander angeordnete Glasdecken trennten den Sitzungssaal von dem Luftraum des Kuppelbaus. In der Mitte der östlichen Längsseite befand sich der Sitz des Präsidiums, vor ihm stiegen halbkreisförmig angeordnet die Sitze der Abgeordneten stufenförmig nach hinten an. In etwa 5 m Höhe über dem Parkett der Abgeordneten ziehen sich an der Süd-, West und Nordseite die Tribünen für die Presse, das Publikum, sowie das diplomatische Korps entlang. An der Ostseite, dem Sitz des Präsidiums, fehlen die Tribünen. Der Saal hat von jeder Seite her zwei Zugänge. Hinter dem Sitz des Präsidenten ist in der Saalmauer eine weite Oeffnung, die nur durch eine Holzwand geschlossen war. Die Wände des Saales wiesen reiche Holztäfelung auf. Der Kuppelbau besteht aus Eisenrippen, deren Zwischenräume mit Glas gedeckt sind. Der höchste Punkt der Kuppel, die goldene Kaiserkrone, liegt 75 m über dem Erdboden.

Doch nun zu den Ereignissen des 27. Februar! Abends gegen 21¼ Uhr wird auf der Berliner Hauptfeuerwache telephonisch gemeldet, dass es im Reichstag brenne, fast gleichzeitig lief auf der Feuerwache in der Turmstraße eine Meldung von dem dem Reichstag benachbarten Feuermelder Moltkestraße 7 ein. Der zuerst am Reichstag eintreffende Löschzug aus der Linienstraße wurde von einigen an der Nordseite des Gebäudes stehenden Personen nach der Westfront geschickt, wo sich in einem Fenster des Hauptgeschosses rechts neben der großen Freitreppe Feuerschein zeigte. Da die Portaltüren des Haupteinganges verschlossen waren, ließ der Zugführer kurz entschlossen über Steckleiter in das Fenster, an dem sich der Feuerschein gezeigt hatte, einsteigen. Der Angriffstrupp fand hier zwei Brandherde vor. Einmal brannte der vor diesem Fenster hängende Vorhang, dessen Ende auf einen Tisch gelegt war, außerdem war an der gegenüberliegenden Wand die Tür, die Türfüllung und Wandtäfelung, sowie die Türportiere in Brand geraten; es war sofort klar, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen beiden Brandstellen, die 8-10 m voneinander entfernt lagen, nicht bestehen konnte. Während die Brandherde mit einem Rohr abgelöscht wurden, ging der Zugführer in die angrenzende Wandelhalle, um nach etwaigen weiteren Brandherden zu suchen. Hier traf er mit dem Führer des zweiten alarmierten Zuges aus der Turmstraße zusammen, der durch den Nordeingang das Gebäude betreten hatte, und entdeckte zugleich, dass der ganze Plenarsitzungssaal in Flammen stand. Da beide Zugführer sofort erkannten, dass sie einem solchen Riesenbrande gegenüber mit ihren Mitteln nichts ausrichten konnten, wurde sofort an die Hauptfeuerwache die Meldung „10. Alarm“ gegeben. Auf diese Meldung hin alarmierte die Zentrale auf der Hauptwache die der Brandstelle am nächsten gelegenen 8 Löschzüge, so daß einschließlich der beiden schon anwesenden im ganzen 10 Züge zur Bekämpfung des Brandes zur Verfügung standen; ferner wurden entsandt: 1 Rettungswagen, 1 Rüstwagen, 1 Schlauchtransportwagen und, da die Brandstelle in der Nähe der Spree lag, wurden auch die zunächst stationierten Feuerlöschboote herangezogen. Das Städtische Rettungsamt war mit zwei Krankenwagen zur Stelle. Gleichzeitig mit diesen neuen Kräften trafen auch der Oberbranddirektor und 6 Ingenieure auf der Brandstelle ein. Ein großes Polizeiaufgebot sperrte die Zugangsstraßen zum Reichstag in weitem Umfange ab. Schon auf der Fahrt zur Brandstelle bot sich den anrückenden Zügen ein schaurig schönes Schauspiel, wie sie sahen, daß aus der zum Teil zersprungenen Verglasung des das übrige Bauwerk weit überragenden Kuppelbaus riesige Flammen zum dunklen Nachthimmel emporloderten. Auf der Brandstelle angekommen, wurden die einzelnen Züge auf allen vier Seiten, je zwei bzw. drei auf jeder Seite, zum konzentrischen Angriff auf den Sitzungssaal angesetzt. Wie aus der Skizze ersichtlich, sind rings um das Reichstagsgebäude herum Hydranten in reichlicher Zahl vorhanden, so daß die zuerst eintreffenden Züge sofort ihre Motorspritzen hier anschließen konnten. Die Schläuche wurden auf der Westseite durch das Fenster des Restaurants, auf der Südseite durch die Eingangshalle über eine Treppe mit anschließendem Korridor, auf der Ostseite durch die östliche Eingangshalle, die unmittelbar an den Plenarsitzungssaal grenzt und auf der Nordseite durch die Durchfahrt über den Hof und über eine auf diesem aufgerichtete mechanische Leiter allseitig in den Umgang des Sitzungssaales vorgenommen. Hier nahmen die Rohrführer in den sogenannten Hammelsprungtüren und den sonstigen Zugängen zum Sitzungssaal Aufstellung und schleuderten gewaltige Wassermassen in den ein einziges großes Flammenmeer bildenden Saal. Es wurde nach dem Eintreffen aller alarmierten Züge schließlich aus 15 Rohren von 75 mm Ø und 5 Rohren von 45 mm Ø Wasser gegeben. Um eine Entlastung der Wasserleitung herbeizuführen, schlossen die zuletzt eintreffenden Züge ihre Schläuche an die beiden am Reichstagsufer festgemachten Feuerlöschboote an, von denen jedes 4 cbm Wasser in der Minute liefert. Durch diesen auf allen vier Seiten erfolgenden Löschangriff gelang es nach Verlauf von 1¼ Stunden, das Feuer im Saal niederzukämpfen und damit eine Weiterverbreitung auf die übrigen Teile des Gebäudes zu verhüten. Lediglich an einer Stelle, und zwar in Höhe der Pressetribüne durchbrach das Feuer den hier liegenden Korridor vor der Tribüne und ergriff drei kleine angrenzende Presseschreibzimmer, deren Einrichtung zum Teil vernichtet wurde. Da der Zugang zu diesen Räumen über die im brennenden Saale liegende Tribüne führte und ein zweiter auf sehr weiten Umwegen führender Zugang anfänglich nicht gefunden wurde, mußte die Bekämpfung des Brandes an dieser Stelle über zwei im Südhof aufgerichtete mechanische Leitern erfolgen. Der ganze Löschangriff wurde dadurch außerordentlich begünstigt, daß, nachdem gleich im Anfang die beiden Glasdecken eingestürzt und viele Fenster des Kuppelbaues gesprungen waren, eine gewaltige Zugerscheinung eintrat, durch die Rauch und Flammen nach der Mitte der Kuppel hingesogen wurden; nur so war es möglich, dass die Rohrführer fast unbelästigt vom Qualm von den Saaltüren aus Wasser geben konnten.

Die Tatsache, daß das Feuer von verbrecherischer Hand angelegt wurde, ist ja bekannt. Wenn auch die Feuerwehr bei ihrem Eintreffen im Saale einzelne Brandherde nicht mehr festgestellt hat, weil der ganze Saal schon im Flammen stand, so erklärte doch der Hausinspektor, daß er bei seinem Eintreffen noch mindestens 20 Brandherde gesehen hätte. Von der Feuerwehr wurden außer den schon anfangs erwähnten beiden Stellen im Restaurant, noch weitere Brandherde im südlichen Umgang des Sitzungssaales gefunden. Hier waren Fenstervorhänge und Polstermöbel in Brand gesetzt, ferner lief in einem Vorsaal zu den Reichsratsräumen eine schmale Brandspur quer über den Teppichbelag des Fußbodens und endigte an der Eingangstür, die beim Eintreffen der Feuerwehr hell brannte. Ein weiterer Brandherd lag in der neben der südlichen Eingangshalle liegenden Kleiderablage. Alle diese Brandherde hatten indessen noch keinen größeren Umfang angenommen, so daß sie leicht abgelöscht werden konnten. Mit welchen Mitteln der Brandstifter gearbeitet hat, und ob er allein zu Werke gegangen ist, oder noch Mithelfer bei seinem Verbrechen gehabt hat, ist noch nicht bekannt geworden. Nach der großen Ausdehnung des Brandes gleich am Anfang zu urteilen, ist anzunehmen, daß mehrere Täter am Werke gewesen sind.